Im ersten Teil unseres Mythenchecks haben wir uns intensiv mit den häufigsten Vorwürfen gegenüber Kreuzfahrten beschäftigt – von CO₂-Emissionen über Abwasser bis hin zu Plastikmüll. Im zweiten Teil ging es darum, wie Reedereien auf diese Kritik reagieren: mit LNG-Antrieb, Landstromnutzung, Abgasreinigung und internen Nachhaltigkeitsstrategien. Dabei zeigte sich, dass es durchaus Fortschritte gibt – aber auch viel Raum für Diskussion.
Doch wie lässt sich all das objektiv bewerten? Welche Rolle spielen Umweltzertifikate und wie verlässlich sind sie? Wie aussagekräftig ist das Kreuzfahrtranking des NABU wirklich – und wie gehen Reedereien damit um? Und was tut sich auf regulatorischer Ebene – sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Bühne?
Im dritten und letzten Teil unseres Mythenchecks tauchen wir tief ein in diese Fragen. Wir analysieren, was hinter den grünen Labels steckt, welche Standards verbindlich sind – und wo sie (noch) versagen.
Umweltzertifikate und Nachhaltigkeitsrankings: Wie aussagekräftig sind sie wirklich?
In Zeiten wachsender Umweltdebatten sind Begriffe wie nachhaltige Kreuzfahrt oder Green Cruising in aller Munde. Umweltzertifikate und Nachhaltigkeitsrankings sollen Verbraucherinnen und Verbrauchern dabei helfen, Kreuzfahrtangebote mit besserer ökologischer Bilanz zu erkennen. Doch wie verlässlich sind diese Instrumente tatsächlich – und worauf sollten Passagiere achten, wenn sie umweltbewusste Entscheidungen treffen wollen?
Wichtige Umweltzertifikate in der Kreuzfahrtbranche
Die Kreuzfahrtindustrie beruft sich zunehmend auf Umweltzertifikate, um ihr Engagement für ökologische Standards zu belegen. Zu den wichtigsten gehören:
- Der Blaue Engel (DE): Dieses deutsche Umweltzeichen gilt als eines der strengsten Siegel, ist aber nur schwer auf Kreuzfahrtschiffe übertragbar, da es ursprünglich für stationäre Produkte und Dienstleistungen entwickelt wurde.
- ECOPORTS: Konzentriert sich vor allem auf Hafenbetreiber und die Umweltverträglichkeit des Hafenbetriebs, nicht primär auf die Schiffe selbst.
- Green Marine: Ein nordamerikanisches Umweltprogramm für Schiffe, Reedereien und Hafenbetreiber mit Fokus auf Luftqualität, Abfallmanagement und CO₂-Ausstoß.
- Clean Shipping Index: Bewertet unter anderem die Verwendung von Schwefelarmen Treibstoffen, Abwasseraufbereitung und Energieeffizienz.
- ISO 14001: Legt Anforderungen an ein Umweltmanagementsystem fest – ein wichtiges internes Steuerungsinstrument, das jedoch keine Aussage über die tatsächliche Umweltleistung trifft.
Diese Zertifikate zeigen in Teilen, welche Bemühungen eine Reederei unternimmt – aber keines davon deckt alle Aspekte einer nachhaltigen Kreuzfahrt ab. Zudem ist ein großes Problem, dass einige Siegel nicht durch unabhängige Dritte geprüft werden oder auf freiwilliger Selbstverpflichtung beruhen. Hier droht die Gefahr des Greenwashing: Maßnahmen werden öffentlichkeitswirksam vermarktet, ohne dass eine Überwachung der Einhaltung erfolgt.
Das NABU-Kreuzfahrtranking: Orientierungshilfe oder zu kurz gegriffen?

Eines der bekanntesten Nachhaltigkeitsrankings im deutschsprachigen Raum ist das NABU-Kreuzfahrtranking, das jährlich Reedereien nach Umweltkriterien bewertet. Das Ranking berücksichtigt unter anderem, den Einsatz von Landstrom und Abgasreinigung, Verwendung alternativer Treibstoffe (z. B. LNG) und auch Pläne zum Einsatz von Brennstoffzellen oder Wasserstoff
Doch ist das Kreuzfahrtranking der NABU nicht transparent genug um wirklich Aussageträchtig zu sein. Das Ranking basiert teilweise auf freiwillig bereitgestellten Informationen der Reedereien und Datenlagen. Viele Unternehmen, insbesondere außerhalb Europas, beteiligen sich nicht am Ranking. Dies führt zu verzerrten Ergebnissen und falscher Darstellung durch die NABU.
Der Fokus des Kreuzfahrtrankings basiert auf technische Lösungen. Die Bewertung betont primär technische Aspekte wie Abgassysteme oder Treibstoffarten. Umweltfreundliches Verhalten an Bord, sozioökonomische Auswirkungen von Landausflügen oder Müllvermeidung finden kaum Beachtung. Das Reiseverhalten wird nicht berücksichtigt. Wie viele Emissionen pro Passagier entstehen oder ob besonders sensible Ökosysteme bei den Routen gefährdet werden nicht berücksichtigt.
Die Darstellung ist dabei auch nicht konsequent. AIDA wird zum Beispiel einzeln dargestellt, während Costa mit Carnival zusammengeführt wird, obwohl AIDA teil von Costa ist. Entweder hätte man hier jede Reederei einzeln bewerten müssen, oder komplett die Reedereigruppen gemeinsam bewerten müssen. So ist dieses Ranking nur wenig aussagekräftig. Das Ranking kann durch mediale Vereinfachung bei Passagieren den Eindruck erwecken, eine Reederei sei „grün“, obwohl sie nur eine Technologie wie Landstrom unterstützt, aber keine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt.
Kurz gesagt: Das NABU-Ranking liefert erste Anhaltspunkte, sollte aber nicht als alleiniges Entscheidungskriteriumdienen. Viel wichtiger ist ein umfassender Blick auf die tatsächliche Umweltpolitik einer Reederei. Die Darstellung der NABU dient nur der Hetze gegenüber der Kreuzfahrt.
Regulatorische Entwicklungen: Wie Politik und Gesetzgebung eingreifen
Die Kreuzfahrtindustrie ist weltweit mit immer strengeren Umweltvorgaben konfrontiert. Es gibt eine Vielzahl internationaler und regionaler Vorschriften, die auf den Betrieb von Kreuzfahrtschiffen abzielen, doch die Umsetzung bleibt ist oft sehr schwierig, und die Unterstützung für die Reedereien sehr lückenhaft. Welche Gesetze und Regelungen existieren, wie gut werden sie eingehalten, und was kann die Zukunft der Kreuzfahrtindustrie in Bezug auf Nachhaltigkeit bedeuten?
Internationale Vorschriften: MARPOL und der Polar Code
Die Internationale Schifffahrtsorganisation (IMO) hat mehrere Regelwerke entwickelt, die die Umweltbelastungen von Schiffen, einschließlich Kreuzfahrtschiffen, reduzieren sollen. Zwei zentrale Vorschriften in diesem Bereich sind MARPOL (International Convention for the Prevention of Pollution from Ships) und der Polar Code:
- MARPOL: Diese Übereinkunft ist das bedeutendste internationale Instrument zum Schutz der Meere vor Verschmutzung durch Schiffe. Sie regelt eine Vielzahl von Umweltaspekten, darunter:
- Abgase: Es gibt strenge Vorgaben zur Begrenzung von Schwefel- und Stickoxidemissionen, die vor allem die Luftqualität in Küstennähe schützen sollen.
- Ballastwasser: Schiffe müssen Ballastwasser behandeln, um invasive Arten zu vermeiden, die durch den Transport von Wasser in verschiedenen Häfen eingeschleppt werden können.
- Treibstoffqualität: Es gibt strenge Vorgaben für den Schwefelgehalt von Schiffstreibstoffen, um die Emissionen zu verringern. Der Übergang zu umweltfreundlicheren Treibstoffen wird zunehmend unterstützt, aber auch weiterhin von der Industrie gebremst.
- Polar Code: Der Polar Code regelt den Betrieb von Schiffen in Polarregionen und legt Anforderungen an die Schiffsstruktur und -ausrüstung fest, um die Umwelt in den extrem empfindlichen Gebieten zu schützen. Dies betrifft vor allem Kreuzfahrten in der Arktis und Antarktis, wo Schiffe nicht nur auf den Schutz der Natur, sondern auch auf die Sicherheit der Passagiere angewiesen sind.
Beide Regelwerke sind aus umweltschutztechnischer Sicht von großer Bedeutung, aber ihre Umsetzung und Durchsetzung sind in vielen Bereichen noch unzureichend. Die Überwachung und Strafen für Verstöße sind oft zu lasch, was die tatsächliche Wirkung dieser Vorschriften beeinträchtigt.
Die EU und der Emissionshandel: Ein Schritt in die richtige Richtung?
Die Europäische Union hat 2023 einen bedeutenden Schritt unternommen, indem sie Kreuzfahrtschiffe in den EU-Emissionshandel einbezogen hat. Dies bedeutet, dass Reedereien nun verpflichtet sind, Emissionsrechte für die Menge an CO₂ zu erwerben, die ihre Schiffe in die Atmosphäre abgeben. Diese Regelung ist ein Versuch, den CO₂-Ausstoß der Kreuzfahrtbranche systematisch zu reduzieren und den Druck auf Reedereien zu erhöhen, auf umweltfreundlichere Technologien umzusteigen.
Kritische Punkte:
- Kostendruck vs. Umweltschutz: Die Reedereien müssen nun für ihre Emissionen bezahlen, was zu höheren Betriebskosten führt. Die Frage bleibt jedoch, ob diese zusätzlichen Kosten ausreichend sind, um eine echte Veränderung zu bewirken oder ob sie nur zu einer Verlagerung von Emissionen und zu höheren Ticketpreisen führen.
- Energiequellen: Viele Reedereien setzen auf fossile Brennstoffe wie Schweröl und Gas, was die Vorteile des Emissionshandels in Frage stellt. Eine echte Lösung würde die Förderung alternativer und umweltfreundlicherer Energiequellen wie LNG (Flüssigerdgas) oder sogar Wasserstoff erfordern.
Unterschiede zwischen den Hafenstaaten: Ökologische Standards und Durchsetzung
In der Praxis gibt es große Unterschiede zwischen den Häfen, die Kreuzfahrtschiffe anlaufen. Während Städte wie Oslo und Vancouver strenge ökologische Standards für Schiffe und die Anreise von Passagieren haben, sind andere Häfen weniger streng oder setzen die bestehenden Vorschriften nicht konsequent um.
Beispiele:
- Oslo hat sich darauf konzentriert, Kreuzfahrtschiffe zum Einsatz von Landstrom zu verpflichten, was den CO₂-Ausstoß während des Aufenthalts im Hafen erheblich reduziert. Gleichzeitig wird die Qualität der Abgase und der Wasserverbrauch streng überwacht.
- Vancouver verfolgt ähnliche Standards, fördert jedoch auch den Einsatz von LNG, um Emissionen während des Hafenbetriebs zu minimieren.
Nachhaltiger reisen – was Passagiere selbst tun können
Doch was können Passagiere tun? Nachhaltigkeit ist nicht nur eine Sache der Reedereien, sondern auch der Passagiere. Auch der Passa
Vor der Reise: Wie man die richtige Kreuzfahrt auswählt
- Ressourcen schonen: mehrfach verwenden der Handtücher, insbesondere der Badehandtücher. Verzichten auf die tägliche Zimmerreinigung.
- Weniger Plastik: Mitbringen einer eigenen Trinkflasche, anstatt Einwegprodukte zu verwenden
- Landausflüge lokal buchen: Unterstützen Sie Anbieter, die auf Nachhaltigkeit achten, etwa durch kleine Gruppengrößen
- Lokale Regeln einhalten: Lokale Regeln sollten immer befolgt werden, ohne Ausnahme.
- Reisekodex: Wir haben ein Reisekodex erstellt, welcher ein Respektvolles Reisen mit Land, Natur und Kultur ermöglichen sollen. Den findet ihr hier
Fazit
Kreuzfahrten sind nicht per se schlecht für die Umwelt, aber sie sind es auch nicht immer in einem positiven Sinne. Die Umweltbilanz von Kreuzfahrtschiffen variiert je nach Reederei und Schiff. Es gibt zwar zahlreiche Fortschritte, aber auch noch große Hürden im Umweltschutz, die überwunden werden müssen. Einige Reedereien haben sich bereits auf den Weg gemacht, ihre Emissionen und den Ressourcenverbrauch deutlich zu reduzieren, indem sie neueste Technologien wie E-Boote oder den Einsatz von synthetischen Treibstoffen in Betracht ziehen. Doch die breite Mehrheit der Kreuzfahrtgesellschaften ist noch nicht so weit. Die Umweltbilanz von Kreuzfahrten ist komplex und stark von verschiedenen Faktoren abhängig, wie der Reederei, den eingesetzten Technologien und den Destinationen, die angesteuert werden. In der Vergangenheit war die Kreuzfahrtbranche weit davon entfernt, umweltfreundlich zu sein, aber inzwischen gibt es einige positive Entwicklungen, die Hoffnung auf eine bessere Zukunft machen.
Die Entwicklungen in der Branche sind durchaus positiv, aber der Weg zu einer echten Nachhaltigkeit in der Kreuzfahrtindustrie ist noch lang und voller Hindernisse. Das zeigt sich vor allem in der Tatsache, dass viele Reedereien nach wie vor auf fossile Brennstoffe setzen, die eine enorme Belastung für das Klima darstellen. Einige Unternehmen setzen auf grüne Technologien, wie LNG (Flüssigerdgas), was eine Verbesserung gegenüber traditionellen Schwerölen darstellt, jedoch ist LNG noch immer ein fossiler Brennstoff, der CO₂-Emissionen erzeugt.
Neben den Treibstofftechnologien sind auch andere Umweltfaktoren von entscheidender Bedeutung: Abfallentsorgung, Lärmminderung und Schutz mariner Ökosysteme spielen eine große Rolle. In vielen Regionen bestehen nach wie vor massive Defizite bei der Entsorgung von Abwasser und Müll durch Kreuzfahrtschiffe. Und die Verschmutzung durch Mikroplastik sowie die Auswirkung von Schiffsabgasen auf die Luftqualität in Küstennähe bleiben ungelöst.
Die Kreuzfahrtindustrie steht heute an einem Wendepunkt. Einige Pioniere setzen auf moderne Technologien, reduzieren ihre Emissionen und streben eine umfassende Ökologisierung ihrer Flotten an. Dazu gehören der Einsatz von LNG-Schiffen, Hybridtechnologie oder die Implementierung von Landstrom in Häfen, um den CO₂-Ausstoß zu minimieren, wenn Schiffe in den Häfen liegen. Einige wenige Unternehmen gehen sogar noch weiter und experimentieren mit grünen Treibstoffen wie Bio-Diesel oder synthetischen Kraftstoffen, die in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle spielen könnten.
Ein wichtiger, aber oft vernachlässigter Faktor, der die Umweltbilanz von Kreuzfahrten beeinflusst, ist das Verhalten der Verbraucher. Wer sich für eine Kreuzfahrt entscheidet, hat die Macht, die Industrie durch seine Nachfrage in eine nachhaltigere Richtung zu lenken. Die Kreuzfahrtindustrie reagiert zunehmend auf den Trend der umweltbewussteren Reisenden, die auf nachhaltige Optionen Wert legen.
CO₂-kompensierte Reisen und ökologische Zertifikate stellen erste Schritte in diese Richtung dar. Immer mehr Reedereien bieten die Möglichkeit, die CO₂-Emissionen ihrer Reisen zu kompensieren, indem sie in Umweltprojekte investieren, die den Ausstoß von Treibhausgasen in anderen Bereichen ausgleichen. Auch die Kennzeichnung von Kreuzfahrten mit ökologischen Siegeln könnte ein Weg sein, den Druck auf die Branche zu erhöhen und den Konsumenten zu zeigen, welche Unternehmen tatsächlich auf Umweltschutz setzen.
Eine Branche im Wandel
Die Kreuzfahrtbranche steht vor gewaltigen Herausforderungen, aber auch vor großen Chancen. Während Kritik an den Umweltauswirkungen berechtigt ist, lässt sich festhalten: Die Industrie bewegt sich. Reedereien investieren Milliarden in neue Technologien, Werften entwickeln emissionsfreie Schiffe, und auch die Politik zieht mit.
Noch ist keine Maßnahme allein in der Lage, die Kreuzfahrt vollständig klimaneutral zu machen. Doch die Kombination aus LNG, Brennstoffzellen, Windkraft, Landstromversorgung, Energieeffizienz und digitalen Lösungen zeigt einen klaren Trend: Die Kreuzfahrt wird grüner.
Zukünftig werden wir Schiffe sehen, die keine Emissionen mehr ausstoßen, im Hafen geräuschlos und sauber liegen, Müll recyceln und ihre Passagiere mit gutem Gewissen auf große Fahrt schicken. Nachhaltigkeit auf hoher See ist möglich – wenn wir bereit sind, in die Zukunft zu investieren.
Dieser große Mythos stimmt teilweise. Die Kreuzfahrtbranche ist aber auf dem Weg nachhaltiger zu werden. Sie ist bereits ein großer Innovationsmotor der gesamten Schifffahrt. Es liegt an den Reedereien und den Passagieren die Entwicklungen weiter voran zu treiben.